Stellungnahme der Landesarmutskonferenz MV zur WZB – Segregationsstudie

Wie brüchig ist die soziale Architektur unserer Städte? Trends und Analysen der Segregation in 74 deutschen Städten | Helbig / Jähnen |

mit Handlungsaufforderungen an Kommunen und Landespolitik in Mecklenburg-
Vorpommern

Im Mai 2018 legte das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) die o.g. Studie über die „räumlich ungleiche Verteilung der Wohnstandorte verschiedener Bevölkerungsgruppen in deutschen Städten“ vor. Dabei wurde die Segregation in deutschen Städten zwischen 2002 und 2014 (also bis zum Zeitpunkt vor der großen „Flüchtlingswelle“) untersucht. Aus Mecklenburg-Vorpommern fanden drei Städte darin Berücksichtigung, nämlich Rostock, Schwerin und Neubrandenburg. Gerade die beiden erstgenannten Städte aus dem Nordosten fallen, wie noch ausgeführt wird, durch hohe Segregationswerte auf. Dies macht eine sozialpolitische Beschäftigung, die für die LAK MV bisher nicht erkennbar ist, dringend notwendig. Diesen Diskurs mit den Ergebnissen der Studie möchte die LAK MV hiermit
anstoßen.

Was wird unter Segregation verstanden?

Die Autoren der Studie definieren unter Bezugnahme auf vorliegende Literatur Segregation wie folgt:

„Unter Segregation wird die „ungleiche[.] Verteilung von Bevölkerungsgruppen über städtische Teilgebiete“ (Farwick 2012: 381; vgl. Friedrichs 2000: 174) verstanden. Zwar ist der Begriff in seiner Bedeutung breiter angelegt, verwendet wird er aber meist für die Verteilung der Wohnstandorte verschiedener Gruppen der Bevölkerung im städtischen Raum, das heißt als residenzielle Segregation. Per definitionem ist Segregation also ein städtisches Phänomen. Sie ist das Resultat einer Übersetzung von sozialer Distanz in räumliche Distanz (Häußermann 2012: 383). Analytisch wird zwischen drei Dimensionen bzw. Formen der wohnortbezogenen Segregation unterschieden (Häußermann & Siebel 2004: 143; ILS & Strohmeier 2003: 4): Die soziale Segregation beschreibt die räumliche Ungleichverteilung der städtischen Bevölkerung nach sozioökonomischen Merkmalen wie Einkommen, Bildungsstand und Berufsqualifikation. Die ethnische Segregation misst die räumliche Konzentration nach ethnischer Zugehörigkeit (in den USA unter dem Begriff race). Hier liegt auch der Ursprung des Konzepts residenzieller Segregation: Es geht zurück auf die Chicagoer Schule der Soziologie, die im frühen 20. Jahrhundert das Verhalten von Zuwanderern in den USA untersuchte (Janßen 2004: 19). Mit demografischer Segregation wird schließlich die ungleiche wohnräumliche Verteilung nach den Merkmalen Alter und Haushaltstyp bezeichnet“ (Helbig/Jähnen 2018, S. 1).

In dieser Stellungnahme wird auf die soziale Segregation und die demografische Segregation eingegangen. Gerade diese beiden Segregationsbereiche weisen, fokussiert auf Mecklenburg-Vorpommern, besondere Herausforderungen auf. Ausweislich der WZB-Studie nahm bis 2014 die ethnische Segregation in deutschen Städten ab und wird daher hier nicht weiter einbezogen. Generell wohnen die unterschiedlichen sozialen Gruppen (Wohlhabende und arme soziale Gruppen) in Städten am stärksten räumlich getrennt. Würde man dies grafisch darstellen, würde man eine UKurve erkennen. Dies ist kein neues Phänomen: Auch im Mittelalter wohnten in den Städten Handwerker getrennt von Kaufleuten (ebd. S. 6). Die Auswirkungen von Segregation haben sich aber heute deutlich verschärft.

Zentrale Aussagen zu den Städten in Mecklenburg-Vorpommern

Kurz nach dem Beitritt der DDR zur BRD war im Ostteil des Landes eine sehr gering ausgeprägte soziale Segregation vorhanden. Aber bereits 12 Jahre nach der sog. Wende wies Ostdeutschland eine mindestens so ausgeprägte Segregation wie der der Westteil des Landes aus (vgl. ebd. S. 8). Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass sich insbesondere in den meisten ostdeutschen Städten das Segregationsproblem verschärft hat. Im Bundesvergleich nehmen die untersuchten Städte in Mecklenburg-Vorpommern Spitzenplätze ein:

Rankingplatz im
Städtevergleich
Stadt Wert in %
1 Schwerin 40
2 Rostock 39
14 Neubrandenburg 34

(Helbig/Jähnen 2018, S. 30)

Auch bei dem Wert des jährlich durchschnittlichen Anstiegs der sozialen Segregation nehmen die untersuchten Städte aus Mecklenburg-Vorpommern Spitzenwerte ein: Mit Abstand den höchsten Wert weist Rostock mit 1,2% aus, gefolgt von Schwerin (rd. 1,1%) und auf dem 12. Rang im Städtevergleich Neubrandenburg mit rd. 0,5% (ebd. S. 31). Allein diese Ergebnisse der Studie aus Mecklenburg-Vorpommern verdeutlichen die sozialpolitische Brisanz des Themas. Konkret sind sie verbunden mit den Namen bestimmter Stadtteile in den genannten Städten, etwa in Schwerin Großer Dreesch, Rostock-Lichtenhagen oder Datzeberg in Neubrandenburg. Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Ergebnisse tendenziell auch für andere kleinere Städte z.B. Stralsund, Anklam, Pasewalk, Güstrow, Wismar, Parchim zutreffen dürften und keinesfalls eine alleinige Fokussierung auf die drei in der WZB-Studie untersuchten Städte angezeigt ist.

Die Ursachen für die verschärfte Segregation in ostdeutschen Städten werden von den Autoren der Studie auch in den städtebaulichen Maßnahmen der DDR und dem Grad der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg gesehen (vgl. ausführlich hierzu: ebd. S. 95 ff.). In Rostock-Lichtenhagen beispielsweise wurde eine große Plattenbausiedlung dezentral in peripherer Lage errichtet, was heute mit zu der beschriebenen Situation beiträgt. Diese Siedlungsformen sollten lt.  Einigungsvertrag nicht als sozialer Wohnungsbau fungieren (ebd. S. 100). Die in Ostdeutschland ab den 1990er Jahren beginnende Suburbanisierung (jüngere, finanzstärkere Familien bauten Eigenheime vor den Toren der Städte; „Speckgürtel“) führte dazu, dass in den freiwerdenden Wohnraum in den „Platten“ zunehmen finanziell und sozial schlechter gestellte Mieter einzogen (ebd. S. 101). Auf der anderen Seite wurden die maroden Innenstädte, auch in Rostock und Schwerin, saniert und gelten heute als Top-Wohn-Lagen für eine zahlungskräftige Klientel (Gentrifizierung). So gibt es auch in den Mecklenburgischen Städten zwei höchst unterschiedliche Wohnlagen (ebd. S. 102).

Soziale Segregation: Auswirkungen und Problemgruppen

Es kann konstatiert werden, dass die seinerzeit begehrten Plattenbausiedlungen in den Randlagen der Städte sich zu den „Armenhäusern“ der Städte entwickelt haben (ebd. S. 116). Hierbei kommt eine Personengruppe besonders in den Fokus: Kinder.

Besorgniserregend ist, dass in Rostock der Anteil von Kindern in Nachbarschaften, in denen mehr als 50 % der Kinder in Armut leben (gemessen am SGB II-Bezug), rd. 33 % beträgt und der Anteil von Kindern die in Nachbarschaften, in denen mehr als 30 % der Kinder in Armut leben rd. 49% beträgt (ebd. S. 52 f.). Zudem weist Rostock im Vergleich der untersuchten 70 deutschen Städte mit Abstand die höchste jährliche Steigerungsrate der sozialen Segregation bei Kindern mit 1,2 % auf, an dritter Stelle folgt Schwerin mit knapp 1 % und Neubrandenburg rangiert auf Platz 48 mit knapp 0,2% (ebd. S. 55). Der Anstieg der Kindersegregation ist damit höher als bei der allgemeinen sozialen Segregation (ebd. S. 54). Die Autoren der Studie stellen zusammenfassend fest:

„…erreicht das Ausmaß der sozialen Segregation von Kindern vor allem in einigen ostdeutschen Städten ein Niveau von 45 bis 50 Prozent. Aus dem Zusammenspiel von hoher Armutsquote von Kindern und hoher sozialer Segregation von Kindern entstehen Quartiere, in denen sich sozial benachteiligte
Kinder in einem Ausmaß ballen, wie wir es eigentlich nur aus den USA kennen. In den ostdeutschen Städten Rostock, Halle, Schwerin, Neubrandenburg und Erfurt, aber auch in Berlin, Saarbrücken, Kiel, Essen, Dortmund, Bremen und Oberhausen sind soziale Brennpunkte entstanden, in denen die Mehrheit der Kinder arm ist. Die starke Ballung armer Kinder entsteht in diesen Städten durch einen mittleren bis hohen Anteil armer Kinder in der Gesamtstadt und eine hohe soziale Segregation von Kindern (Hervorheb. LAK MV) (ebd. S. 57).

Bei einer Armutskonzentration ab 50 % wird auch von einer „Ghettoisierung“ gesprochen (ebd. S.50). Die Autoren verweisen auch darauf, dass die soziale Segregation von SGB II-Empfängern in einigen ostdeutschen Metropolen sich inzwischen auf einem Niveau ähnlich dem von amerikanischen
Metrolregionen bewegt (ebd. S. 58). Entscheidend ist jetzt die Frage, was hieraus für die die dort lebenden Personen, insbesondere die dort aufwachsenden Kinder, resultiert. Denn in anderen Stadtteilen wachsen auch Kinder, z.T. unter deutlich besseren Bedingungen, auf.

„Im Resultat führt eine hohe Konzentration von armen Kindern auf der einen und privilegierten Kindern auf der anderen Seite in Nachbarschaften und Schulen zu einer Beeinflussung der Lebenschancen der Kinder. Es ist davon auszugehen, dass sich die Zukunftschancen der Kinder durch die soziale Segregation in den Städten zunehmend polarisieren“ (ebd. S. 54).

Das Kennenlernen von anderen Lebensentwürfen sowie soziales Lernen im Alltag wird unter solchen „Ghetto-Bedingungen“ nahezu unmöglich. Hieraus resultieren später enorme Folgekosten. Schon heute liegen die Jugendhilfeaufwendungen in Mecklenburg-Vorpommern deutlich über dem Bundesdurchschnitt.

„Geht man entsprechend der Forschung zu Nachbarschaftseffekten davon aus, dass die Kinder in benachteiligten Quartieren durch das soziale Umfeld in ihren Lebenschancen beeinträchtigt sind, so wird die sozialpolitische Relevanz dieses Befundes offensichtlich“ (Hervorheb. LAK MV) (ebd. S. 59).

Wächst hier eine „verlorene Generation“ auf? Weitere Erkenntnisse aus der Nachbarschaftsforschung
geben Anlass zur Besorgnis:

„Das Leitbild einer sozialen Mischung innerhalb von Nachbarschaften ist nicht nur das Mantra einigerSozialpolitiker. In der soziologischen Nachbarschaftsforschung wird unter dem Schlagwort der ‚Nachbarschaftseffekte‘ postuliert, dass sich die Ballung sozial benachteiligter bzw. armer Menschen in räumlichen Einheiten (Nachbarschaften, aber auch Schulen) vor allem negativ auf die Verhaltensweisen der Menschen in diesem Raum auswirkt – und zwar unabhängig von ihrem individuellen Hintergrund. Es wird angenommen, dass bei Einwohnern benachteiligter Quartiere Prozesse sozialen Lernens ablaufen, so dass problematische Verhaltensmuster auf andere übertragen werden“ (ebd. S. 50).

Diese Daten aus der Erhebung unterstreichen eindeutig die sozialpolitische Relevanz dieses Thema für die kommunale Sozial- und Wohnungsbaupolitik, als auch für die Landespolitik:

„Beim Anstieg der sozialen Segregation werden regionale Disparitäten zwischen Ost- und Westdeutschland immer deutlicher. Während die soziale Segregation seit 2005 in Westdeutschland moderat angestiegen ist, fällt das Wachstum der sozialen Segregation in den ostdeutschen Städten … sehr stark aus. Auch wenn man mit derartigen Bewertungen vorsichtig sein sollte, so ist die Entwicklung in Ostdeutschland doch als historisch beispiellos zu bezeichnen“ (Hervorheb. LAK MV) (ebd. S. 58).

Die Autoren verweisen darauf, dass ab Erreichen eines bestimmten Indexwertes der städtischen Segregation ein zunehmend dynamischer verlaufender Anstieg der Segregationsprozesse zu beobachten ist. Sie verweisen auf die sozial- und städtebauliche Brisanz dieser Aussage und fügen an: „Die politischen und ökonomischen Folgekosten, um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, sollten weit höher sein als in Städten, in denen die soziale Segregation dieses Niveau noch nicht überschritten hat“ (ebd. S. 91). Gerade für die in der Studie besonders untersuchten Städte Rostock und Schwerin enthält diese Aussage eine besondere Brisanz.

Demografische Segregation: Auswirkungen und Problemgruppen

Ostdeutsche Städte weisen eine auffällige Segregation in zwei Altersgruppen aus: Einmal bei den 15-29-jährigen sowie bei den ab 65-jährigen, hier liegen die Werte sogar über dem Niveau der westdeutschen Städte (ebd. S. 37ff.). Der Aspekt der 15-29-jährigen wurde mittelbar bei sozialer Segregation behandelt. Der zweite Aspekt, bei den Senioren, stellt für Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der besonderen demografischen Situation im Nordosten, eine wichtige Herausforderung dar. Auch hier spielen lokale Begebenheiten eine Rolle. In den älteren Plattenbausiedlungen, die eine bessere Bauqualität als die später errichten Siedlungen aufweisen, liegt der Anteil der über 65-jährigen deutlich über dem Niveau in der jeweiligen Stadt (ebd. S. 110).

Diese Situation dürfte sich für Mecklenburg-Vorpommern nicht nur in Städten als problematisch erweisen, auch auf dem Lande oder kleineren urbanen Siedlungen sind diese Segregationserscheinungen zu beobachten. Sie stellen Probleme für die Infrastruktur dar (z.B. Verkehr, Einkaufsmöglichkeiten, ärztliche Versorgung, Nachbarschaftshilfe u.a.m.) Auch die ausreichende Versorgung durch Pflegedienste stellt sich problematisch dar. Die kommunale Daseinsvorsorge steht hier vor neuen, zentralen Herausforderungen.

Hierbei ist auch die finanzielle Situation von Senioren zu beachten. Die Zugangsrenten der Rentner/innen gehen zurück. Die Autoren der WZB-Studie geben daher den Hinweis „…, dass soziale Segregation im Osten mit einer Segregation der ab 65-jährigen einhergeht“ (ebd. S. 40). Damit sind die monetären
Aspekte der Senioren gemeint.

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass dringend praktische Konsequenzen aus dem Abschlussbericht und den Erkenntnissen der Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ zu ziehen sind.

Gründe der Segregation

„In den ostdeutschen Bundesländern wurden Sozialwohnungen größtenteils in Gebieten ausgewiesen, die wenig gefragt waren, nämlich in den Plattenbauten – obwohl dies explizit mit dem Einheitsvertrag ausgeschlossen werden sollte“ (ebd., S. 87). Eine bessere Durchmischung der Bewohnerstruktur in den Städten kann durch städtebauliche Maßnahmen angegangen werden: „Sozialwohnungen müssten auch dort entstehen, wo Arme typischerweise nicht leben. Eine größere Zahl an Sozialwohnungen in ‚besseren‘ Wohnlagen könnten die Kommunen aus unserer Sicht über verschärfte Auflagen beim Bau neuer Wohnhäuser erreichen“ (ebd., S. 118 f.).

Neben diesen städtebaulichen Aspekten sind weitere, für die besondere Segregationssituation in Ostdeutschland und damit auch im Nordosten, auszumachen. So weisen die Autoren der Studie darauf hin, dass in ostdeutschen Städten eine größere Ballung von SGB II-Beziehern in den Plattenbausiedlungen anzutreffen ist, als dies in vergleichbaren Siedlungsformen in westdeutschen Städten der Fall ist (ebd. S. 103). Zudem hätten die Menschen in den hier in Rede stehenden Quartieren nicht vom wirtschaftlichen Aufschwung partizipiert. Gerade für Rostock und auch Schwerin lassen sich für die bekannten „Segregations-Hochburgen“ hohe SGB II-Bezieher-Zahlen konstatieren. Die Autoren lenken den Blick auch dahin, inwieweit die Ergebnisse dieser Segregationsstudie Fragen der individuellen Bildungschancen und auch des gesellschaftlichen Zusammenhalts tangieren (vgl. ebd. S. 59). Es wird auch darauf verwiesen, dass z.B. für Rostock eine Dreiteilung der Ursachen für den hohen Segregationsanteil verantwortlich sei: Zum einen die hohe Anzahl von Plattenbausiedlungen, die Vorortbebauung
mit Eigenheimen und damit verbundene Fortzüge meist junger Familien sowie die Schaffung von attraktiven Innenstadtlagen nach erfolgter Sanierung. Für finanziell wenig betuchte Mieter bleiben daher primär nur bestimmte Wohnquartiere (ebd. S. 107.)

Fazit

Es ist ein deutlicher Anstieg der sozialen und demografischen Segregation in Mecklenburg-Vorpommern zu beobachten: In der Gruppe der über 65-jährigen betrug er rd. 15% und bei den 15-29-jährigen sogar 46% in Ostdeutschland. Gravierend ist der Segregationsanteil von Kindern, der schneller steigt als bei den übrigen Altersgruppen: Es gibt „in 36 der betrachteten Städte Nachbarschaften, in denen der Anteil von Kindern in Haushalten mit SGB-II-Bezug bei über 50 Prozent liegt – also mehr als die Hälfte der Kinder im Quartier arm ist“ (ebd. S. 114). Rostock gehört ausweislich der WZB-Studie dazu. Gerade zur Überwindung der Segregation bei Kindern und Jugendlichen sind Anstrengungen nötig, u.a. auch durch gezielte Maßnahmen im schulischen Umfeld, um nicht eine „verlorene Generation“ heranwachsen zu lassen. Die zunehmende Polarisierung der Städte dürfte tiefgreifende Folgen mit z.T. erheblichen Kosten nach sich ziehen.

Was ist zu tun: Handlungsaufforderungen

Die LAK MV greift die von den Autoren aufgeworfenen Fragen für die politische Diskussion auf und regt dringend an, sie breit zu diskutieren:

  1. Welches Ausmaß hat die Segregation von Armen und Reichen, Jungen und Alten, Migranten und Nicht-Migranten erreicht und in welche Richtung entwickelt sie sich?
  2. Handelt es sich eher um eine freiwillig zustande gekommene oder um eine erzwungene Segregation?
  3. Welche sozialräumlich feststellbaren Folgen im alltäglichen Zusammenleben sind damit verbunden? (vgl. ebd. S. 117)

Neben diesen drei allgemein zu diskutierenden Fragen richtet die LAK MV an die Kommunalpolitik die folgenden Forderungen zur Beschäftigung mit den Ergebnissen der WZB-Studie:

  1. Einrichtung regionaler/lokaler „Runder Tische“, zusammengesetzt aus Vertreter/innen der Kommunalpolitik, der Verwaltung, der Wohnungswirtschaft, Schulen und Sozialverbänden
  2. Einrichtung von lokalen Quartiersmanagement-Projekten
  3. Entwicklung von Handlungsschritten zur Überwindung nachteiliger Segregation

An die Landespolitik gerichtet ergehen folgende Forderungen:

  1. Beschäftigung mit dem Thema im Landtag
  2. Moderationsrolle bei der Entwicklung städtebaulicher Alternativen insbesondere im Hinblick auf den sozialen Wohnungsbau
  3. Förderung von Modellprojekten um weiterer Kindersegregation entgegenzuwirken

Schwerin, 24. August 2018

Sprecherkreis der LAK MV
Prof. Ulf Groth


Bild oben: Anastasia Dulgier