Stellungnahme der Landesarmutskonferenz Mecklenburg-Vorpommern (LAK MV) und des Erwerbslosenbeirats zum Entwurf eines 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung (6.ARB)

Seit dem Jahr 2001 geht die Bundesregierung in den Armuts- und Reichtumsberichten der Frage nach, welche Ursachen für Armut und Reichtum bestehen und wo wir bei der Bekämpfung großer sozialer Ungerechtigkeiten stehen. Damit liefern die Berichte eine wichtige Orientierung für das politische Handeln. Denn nur, wenn wir die Lage genau kennen, können wir sie verändern.

Der 6. ARB analysiert Lebenslagen in Deutschland wie die Erwerbstätigkeit, die Einkommens- und Bildungssituation, die Gesundheit und das Wohnen für Menschen unterschiedlicher Lebensphasen. Die soziale Lage in Deutschland wird dafür auf Basis vorliegender Statistiken und eigens in Auftrag gegebener Forschungsvorhaben ausführlich beschrieben. Das Werk heißt „Lebenslagen in Deutschland“, ist bislang fast 500 Seiten stark und im Bundestagswahljahr von großer Brisanz.

Abgesehen von einer Aufzählung von sozialpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung enthält der Bericht nahezu keine konzeptionellen Hinweise zur Bekämpfung von Armut, etwa zum Umgang mit steigenden Energiekosten, steigenden Mietkosten und der Vermeidung und Bekämpfung von Überschuldung. Auch geht der Bericht an keiner Stelle auf das Problem der „verdeckten Armut“ ein und die Perspektive von Armut betroffener Menschen wird nicht ausreichend berücksichtigt. Darüber hinaus wird insbesondere das aktuelle Ausmaß der Vermögensungleichheit in Deutschland nur völlig unzureichend abgebildet.

Angesichts der immer weiteren Spreizung der Einkommen und Vermögen ist vor allem eine Anhebung des Grundsicherungsbetrages sowie die Einführung einer Kindergrundsicherung unerlässlich.

Die Auswirkungen von COVID – 19 wirken wie ein Brennglas auf schon vorher bestehende Ungleichheiten in der Gesellschaft. Daher muss sozialpolitisch gegengesteuert werden, um ökonomische und soziale Ungerechtigkeiten nicht weiter zu vergrößern.

Die LAK M-V und der Erwerbslosenbeirat M-V bekräftigen die Forderungen, Corona bedingte Mehrbelastungen armer Menschen nicht nur durch eine Einmalzahlung auszugleichen.  Menschen mit geringem Einkommen und in prekären Lebensverhältnissen müssen in der aktuellen Situation besonders bedacht werden, da sie durch Kurzarbeit, höhere Ausgaben im Bereich der Lebenshaltungs- und Energiekosten und Ausgaben für Hygienemaßnahmen sowie in sozialer Isolation besonderer Unterstützung bedürfen. Die betroffenen Menschen müssen angehört werden und die Möglichkeit zur Mitbestimmung erhalten.

Lange war das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit in MV vorherrschend.  Die Auswirkungen sind bis heute erkennbar. Die sogenannte „Vererbbarkeit“ von Armut ist in unserem Land kein Einzelphänomen, es gibt viele Menschen und inzwischen generationsübergreifend davon betroffene Familien.

Wir fordern Parlament und Landesregierung auf, endlich eine eigenständige, nachhaltige Gesamtkonzeption zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit und Armut zu erarbeiten und einen unabhängigen Sozialbericht in Auftrag zu geben.